Haptonomie verbindet zwei Begriffe aus dem Altgriechischen. Nomos, die Gesamtheit aller menschlichen Regeln und auch das Naturgesetz. Hapto, vom Verb haptein, bedeutet berühren, eine Verbindung, vereinen.
Unsere Haut ist unser größtes Sinnesorgan, mit dem wir in Kontakt mit unsere Umwelt stehen, bevor wir geboren sind. Zu Beginn unseres Lebens erfahren wir uns vorrangig durch unseren Körper, durch Körperwahrnehmungen und Berührungen. Später begreifen wir damit unsere Umwelt, fühlen uns mit anderen verbunden und gleichermaßen autonom.
Haptonomie ist eine sehr sanfte, einfühlsame und respektvolle Berührung und eine hochwirksame, heilende, körpertherapeutische Technik. Ein Weg, sich in unserer Tiefe wieder daran zu erinnern, dass es unsere Natur ist, so zu berühren und berührt zu werden.
Die Berührung schließt den ganzen Menschen ein, um ihn in seinem Sein zu empfangen und zu bestätigen, wie er ist. Haptonomie bestärkt, was uns tief im Inneren berührt.
Der Mensch strebt bewusst oder unbewusst nach Sicherheit und innerem Frieden. Beides hängt insbesondere davon ab, wie wir in unserer Kindheit empfangen, emotional begrüßt und in unserer Existenz akzeptiert wurden. Diese emotionale Bestätigung ermöglicht, uns stabil und als ein bedingungslos akzeptiertes und geliebtes Wesen authentisch zu leben.
Emotionale Kontakte sind wesentlich für jeden Menschen. Sie sind die Wurzel, um Vertrauen in sich selbst und andere zu entwickeln und die Fähigkeit, emotionale Verbindungen mit anderen zu pflegen.
Mitunter gibt es Blockaden und alte Verletzungen, die uns daran hindern, im Alltag einen spontanen und befriedigen körperlichen und emotionalen Kontakt mit unserer Umwelt zu leben. Haptonomie berührt das ursprüngliche Wesen, so dass wir den gesunden Teil in uns, unsere Ressourcen, damit wiederentdecken und stärken.
Indem wir uns unserer selbst und der Berührung mit anderen bewusst sind und präsent im Kontakt, laden wir auch andere ein, präsenter und sich ihrer selbst bewusster zu werden. Dabei lassen wir ihnen die freie Wahl zum Kontakt mit uns. Wie wählen zu jeder Zeit aktiv die Art und Qualität der Verbindung, uns unseres eigenen momentanen Zustands und unserer persönlichen Bedürfnisse bewusst.
Haptonomie ermöglicht einen Weg in ein würdiges, verantwortungsbewusstes, unabhängiges, autonomes und grundlegend menschliches Leben.
Ablauf einer Heilsitzung
Eine Sitzung dauert zwischen 30 Minuten und 1,5 Stunden, je nach Absprache. Zunächst gibt es ein kleines Vorgespräch, um festzulegen, was das genaue Thema der Sitzung ist, und wie die Annäherung stattfinden wird. Die haptonomische Arbeit im Anschluss findet für die empfangende Person zumeist halbsitzend, auf einer bequemen Matte statt.
Die Person ist in einem entspannten emotionalen Zustand, in dem sie lernt, zu vertrauen und sich innerlich fallen zu lassen, um offen zu sein für die Berührung. Wenn möglich mit geschlossenen Augen, um besser auf sich selbst konzentriert zu sein.
Während der Sitzung werden möglicherweise Erklärungen gegeben, die die Wahrnehmung der bzw. des Empfangenden führen, und das Bewusstsein auf die Wahrnehmung bestimmter körperliche Phänomene lenken soll.
Wenn es sich um eine Paarsitzung handelt oder eine Schwangerschaftsbegleitung, werden alle Gesten an die zweite Person vermittelt oder zwischen beiden Beteiligten unter Anleitung austauschend praktiziert. So können sie die gleiche Technik anschließend zu Hause weiter praktizieren.
Mein Ziel ist immer die Autonomie und Individualität in der Praktik, d.h. das Paar , die werdende Mutter oder das werdende Elternpaar bekommt seine eigene Technik.
Die Berührungen finden, außer gelegentlich an Armen und Beinen, ausschließlich am bekleideten Körper statt. Es ist ratsam, körpernahe Kleidung, am besten Leggings für die Sitzung zu tragen oder Unterwäsche und Oberbekleidung. Weite Hosen, insbesondere Jeans sind störend, und müssen ggf. ausgezogen werden.
Am Ende einer Sitzung gibt es ein Gespräch mit Raum für Fragen, sich ausdrücken und Integrieren des Erlebten.
Haptonomie für Einzelpersonen
Haptonomie als körper-psychotherapeutische Arbeit bringt uns in Verbindung mit dem, was in uns ist, unseren Verletzungen, unseren Wahrnehmungen und Gefühlen und unserem Bewusstsein.
Wenn wir uns mit uns selbst verbinden, uns Aufmerksamkeit geben und unseren inneren Wahrnehmungen ihren Wert geben, können wir diese Wahrheit akzeptieren lernen und damit in uns Wunden zum Heilen bringen. Dieses Ganzwerden geschieht zuerst durch Berührungen von außen und wird dann zu einem inneren Zustand des sich Wohlfühlens in seiner Haut und mit dem, was ist.
Die Haptonomie unterstützt
Traumata und Erfahrungen von körperlicher und sexueller Gewalt zu integrieren
körperliche Störungen und Verletzungen zu akzeptieren
bei Abschied, Trauer und Sterben
Bei bestehenden psychischen Störungen versteht sich Haptonomie als unterstützendes Verfahren und kommt in Begleitung einer psychotherapeutischen Behandlung zum Einsatz.
Haptonomie für Paare
Wenn sich zwei einfach noch tiefer kennen lernen möchten, rauskommen wollen aus einschläfernder Routine, weil Berührung nur noch Gewohnheit ist, und weil Berührung nur noch Gewohnheit ist und Partner*innen sich nicht mehr wahrgenommen fühlen, wenn Sexualität im Paar kein „Liebe schenken“ ist, kann Haptonomie ein neuer Weg der Begegnung und Neufindung sein.
Haptonomie schafft
das Bewusstsein, andere zu empfangen und anzunehmen, wie sie sind
Vertiefung und Verfestigung der Partnerschaft
bewusstere und intimere emotionale Verbindung miteinander
Bewusstwerdung in der körperlichen Berührung der anderen und sich selbst
Vorbereitung auf eine bewusstere Elternschaft durch die Paararbeit
Entwicklung von tieferem Vertrauen in sich selbst und anderen
das Gefühl, frei und autonom im Kontakt zu sein
lernen, eigene Bedürfnisse im (körperlichen) Kontakt mit Klarheit auszudrücken
sich das Recht geben, Grenzen zu setzen
Haptonomie für Schwangere
Schon dem Ungeborenen kann man damit bewusst machen, dass es
Vertrauen in seine Eltern haben kann
willkommen und bedingungslos angenommen ist, so wie es ist
frei ist, in spontanen Austausch mit seiner Umwelt, den Eltern zu treten und dies selbst entscheiden kann, indem man den ganzen Körper zum Kontakt einlädt und ein Gefühl dafür gibt, ganz zu sein
und dass es den Raum und die Fähigkeit hat, sich von selbst aus der Steißlage zu drehen
Die Eltern lernen durch Berührung mit ihrem Baby
ihr Kind einzuladen zum Kontakt
schon vor der Geburt eine tiefere emotionale Verbindung zu ihm aufbauen
insbesondere die Väter, tieferen Kontakt zu ihrem Kind herzustellen und mit ihrem Kind zu „spielen“
Sicherheit zu geben und das tiefe Gefühl, verstanden und angenommen zu sein in seiner Einzigartigkeit
Das Elternpaar lernt sich auf die Geburt ihres Kindes vorzubereiten, bei der
sie kompetent ihr Kind gemeinsam auf die Welt begleiten
die Begleitung eine aktive wichtige Rolle hat, indem sie sich selber entspannt, wohl fühlt
durch speziell angepasste Berührungen Schmerzen lindern und den Geburtsvorgang erleichtern kann
und dem Kind aktiv durch entspannende und Vertrauen gebende Berührung von außen hilft, den Geburtsweg zu passieren
Die werdende Mutter lernt durch die Berührung
ihren Körper bewusster wahrzunehmen
sich zu entspannen und Ängste abzubauen
Vertrauen in ihren Körper zu entwickeln
Schwangerschaftsbeschwerden wie vorzeitige Wehen, Rückenschmerzen und Haltungsprobleme, Krampfadern und Hämorrhoiden sowie Schlafstörungen begleitend zur schulmedizinisch notwenigen Therapie selbst oder mit Unterstützung ihrer Begleitung zu behandeln
die körperlichen und emotionalen Veränderungen in ihrem Körper während der Schwangerschaft besser zu integrieren
Haptonomie für Babys
Das Baby ist mit der Geburt ein eigenständiges Wesen. Es versteht sich aber am Anfang in seiner zur Mutter bzw. den Erwachsenen, die es versorgen, in Verbindung. In seiner Natur ist es noch unmittelbar abhängig von ihnen, bis es selbstständig essen und laufen kann. Und es braucht sie auch, um sich selbst wahrzunehmen. Mit ihrem Streicheln, Tragen, Pflegen, all ihrer Zuwendung, der Aufmerksamkeit, der Sicherheit und Liebe, die sie ihm geben, kann es sich fühlen und wahrnehmen.
Daneben kann es aber auch schon Dinge allein, hat seine eigenen Mittel, die sich täglich erweitern, um eigenständig seine Sinne zu befriedigen.
Auch seine Sinne entwickeln sich, und es lernt sich eigenständig zu bewegen um seinen Aktionsradius zu erweitern um immer mehr von der Welt wahrzunehmen.
Haptonomie kann das Baby unterstützen dabei
seine Eigenständigkeit und Kompetenz zu unterstützen
die Körperkontrolle früher zu erlangen durch bestimmte Trage- und Umgangsweisen, die seine Eltern mit ihm erlernen können
am Familienalltag früher aktiv teilzunehmen, indem seine Eltern eine auf seine körperlichen Möglichkeiten angepasste Umgangsweise mit ihm zusammen erlernen, bei der es dem Geschehen besser folgen, und darauf reagieren kann